top of page

Was wäre (d)ein Leben ohne Musik?

  • Autorenbild: Jeannine Hartmann
    Jeannine Hartmann
  • 5. Juni
  • 4 Min. Lesezeit

Hast du dir das schon mal ernsthaft vorgestellt?

Ein Leben ohne Musik. Kein Lied am Morgen. Kein Rhythmus beim Autofahren. Kein Klang, der dich erinnert, berührt oder aufrichtet. Nur Stille...

Was wäre dein Leben ohne Musik? Ich habe mir diese Frage gestellt – nicht nur als Sängerin, sondern auch als Mensch. Und mir wurde schnell klar: Musik ist so viel mehr als Unterhaltung. Sie begleitet, verbindet, bewegt. Oft unbemerkt – aber immer mitten ins Herz.



Bild mit dem Satz "Was wäre ein Leben ohne Musik? - zentrales Thema des Blogartikels"
Ein Satz, der viel in sich trägt.

Musik ist von Anfang an da

Schon Babys im Bauch reagieren auf Klänge – sie können beruhigt, getröstet oder aktiviert werden. Kinderlieder begleiten viele durch die ersten Lebensjahre, prägen sich tief ein, schaffen Sicherheit und Geborgenheit. Manche dieser Melodien bleiben ein Leben lang im Kopf.

Ich merke das gerade wieder bei meinem Enkelsohn. Wenn ich ihm heute Lieder wie „Kam ein kleiner Teddybär“, „Kommt ein Vogel geflogen“ oder „Ihr Blätter, wollt ihr tanzen“ vorsinge – dann kann meine Tochter sofort einstimmen, obwohl sie die Lieder seit Ewigkeiten nicht mehr bewusst gehört hat. Früher habe ich ihr viel vorgesungen und gemeinsam haben wir die alten Amiga-Schallplatten gehört, zum Beispiel die „Geschichtenlieder“ mit Kürbiskugel und Springginkel – und wir können noch heute alle Texte auswendig. Auch "Jule wäscht sich nie" und "Ein Popel" von Gerhard Schöne sind ein echter Klassiker.


Im Auto singen wir dann gemeinsam im Duett, um den Kleinen auf dem Rücksitz zu unterhalten – und ich bin jedes Mal aufs Neue berührt, wie tief diese musikalischen Erinnerungen sitzen.


Solche Momente zeigen für mich: Musik ist mehr als Klang. Sie ist ein Stück Zuhause.


(Und ich hoffe sehr, dass wir viele dieser kleinen Schätze an die nächste Generation weitergeben – es wäre schade, wenn sie verloren gingen.)


Musik schreibt Lebensgeschichten

Kaum etwas bringt Erinnerungen so schnell zurück wie ein bestimmter Song. Oft reichen die ersten Takte – und wir sind wieder mittendrin: im Kinderzimmer mit dem ersten Kassettenrekorder, bei der Party mit der besten Freundin, auf der Rückbank im Sommerurlaub oder in einer ganz bestimmten Phase unseres Lebens.


Ich erinnere mich noch genau an einen Moment, der sich tief eingebrannt hat: Liebeskummer, Herzschmerz – und immer wieder lief „It must have been love“ von Roxette. Ich habe das Lied in Dauerschleife gehört, stundenlang, mit Tränen in den Augen. Damals war es der perfekte Soundtrack für meinen Schmerz – heute bringt er ein bittersüßes Lächeln zurück.


Musik macht Erinnerungen fühlbar. Auch noch nach Jahrzehnten.

Und genau das ist das Faszinierende: Musik kann uns nicht nur zurückbringen – sie lässt uns fühlen, was einmal war. Ganz egal, wie lange es her ist.


Was Musik im Gehirn auslöst – ganz kurz erklärt

Vielleicht hast du dich schon mal gefragt, warum wir bei bestimmten Liedern Gänsehaut bekommen. Die Antwort ist: Musik aktiviert viele Bereiche im Gehirn gleichzeitig – darunter die, die für Emotionen, Erinnerungen und Bewegung zuständig sind.

Wenn ein Song uns emotional trifft, schüttet unser Körper Dopamin aus – das ist das gleiche „Glückshormon“, das wir beim Verliebtsein oder Schokolade essen spüren. Deshalb kann Musik uns regelrecht high machen.


Und Gänsehaut? Die entsteht, wenn unser Nervensystem besonders stark reagiert – zum Beispiel bei einem plötzlichen Tonwechsel, einer überraschenden Harmonie oder bei einer Stimme, die uns tief berührt.


Musik bei den großen Momenten

Geburtstage, Hochzeiten, Taufen, Abschiede – Musik ist bei all diesen besonderen Lebensereignissen nicht nur Dekoration, sondern trägt ihre eigene Bedeutung.


Ein bestimmter Song kann einen Moment verankern, ihn fühlbar machen – für Jahre, manchmal ein Leben lang. Und oft genügt es, diesen einen Titel später zufällig im Radio zu hören, und man ist sofort wieder dort: in diesem einen Augenblick voller Emotion.


Als Sängerin erlebe ich genau solche Szenen immer wieder. Ich sehe, wie sich bei einem Hochzeitslied die Hände fester halten, wie Tränen fließen, weil ein Lied so genau das ausdrückt, was die Menschen gerade spüren. Diese Augenblicke sind für mich Gänsehaut pur – weil ich spüre, dass ich mit meiner Stimme etwas auslösen kann, das weit über den Moment hinausreicht.


Und wenn ich Jahre später höre, dass jemand „sein“ Lied immer noch mit diesem einen Tag verbindet – dann weiß ich: Musik kann Erinnerungen konservieren. Wie ein akustisches Foto fürs Herz.


Wenn Musik mehr kann als Worte

Besonders bewegend ist, was Musik bei Menschen mit Demenz auslösen kann. Oft fällt es ihnen schwer, sich zu orientieren oder vertraute Menschen zu erkennen – selbst die eigenen Kinder oder den Ehepartner. Aber dann erklingt ein Lied aus früheren Zeiten, und plötzlich passiert etwas: Die Augen werden wach, die Lippen beginnen sich zu bewegen – und manchmal singen sie den ganzen Text mit. Von der ersten bis zur letzten Strophe.


Ich habe es schon erlebt: Jemand, der kaum noch spricht, singt plötzlich „Lili Marleen“ oder „Die Gedanken sind frei“ – sicher, fast wie automatisch.


Musik aktiviert im Gehirn andere Bereiche als Sprache. Und während vieles andere verblasst, bleiben Melodien oft erstaunlich lange erhalten – tief verankert, wie kleine Rettungsringe im Meer des Vergessens.

Es sind genau solche Momente, die zeigen, wie kraftvoll Musik sein kann. Sie schenkt Würde, Verbindung und einen kurzen Blick auf das, was einmal war – und vielleicht immer noch da ist.


Musik verbindet – über alles hinweg

Ob bei Stadtfesten, Hochzeiten oder Weihnachtsfeiern – Musik schafft Verbindung. Jung und Alt klatschen im Takt. Menschen aus ganz verschiedenen Lebenswelten singen plötzlich gemeinsam mit. Und selbst wenn keiner spricht, ist klar: Hier passiert gerade etwas.

Das ist das Schöne an Musik: Sie braucht keine Übersetzung. Sie wirkt sofort. Direkt. Und bei jedem ein bisschen anders.


Was bleibt?

Was wäre mein Leben ohne Musik?

Ehrlich gesagt: Ganz schön still. Und leer.Und ohne all die Gänsehautmomente, die man nicht erklären kann – nur fühlen.

Musik ist für mich nicht nur Beruf, sondern ein Geschenk. Und wenn ich auf einer Bühne stehe und merke, dass ein Lied genau das trifft, was jemand im Publikum gerade fühlt – dann weiß ich, warum ich singe.


Und was wäre dein Leben ohne Musik?

Gibt es ein Lied, das dich sofort zurück in einen Moment katapultiert? Einen Song, der dich tröstet oder aufbaut? Schreib mir gern. Ich freue mich, wenn Musik auch in deinem Leben eine Rolle spielt – und vielleicht singe ich ja genau deinen Song beim nächsten Mal.

 
 
bottom of page